Projekt 9X Follower
Man schrieb das Jahr 1967. Der von
Alec Issigonis entwickelte Mini feierte gerade seinen (gedanklichen) „10. Geburtstag”. Zeit also für den englischen Automobilingenieur, sich einer neuen Herausforderung zu widmen. Für Issigonis hieß das nun, dass er sich wieder verstärkt der „Kompaktklasse” zuwandte. Das BMC-Management gab ihm grundsätzlich „grünes Licht” für eine weitere Kleinwagenentwicklung, wollte aber nicht garantieren, dass es auch zur Produktion eines solchen Autos kommen würde.
Wie schon bei der „Erschaffung” des Minis stellte Issigonis nunmehr eine kleine Manschaft erfahrener Techniker auf, um den Nachfolger (=Follower) für den Mini zu kreieren.
Der Mini wurde ja auf Anordnung der
British Motor Corporation in einer sehr kurzen Zeit entwickelt. Die Folge war allerdings eine Reihe technischer Probleme, die leider etwas „gehetzt” gelöst wurden. So musste gar in der Mitte des Entwicklungsprogramms die Lagebestimmung des Motors geändert werden. Daher setzte sich Issigonis von Anfang an das Ziel, ein total neues Auto zu entwerfen, das von seinem Vorgänger nichts übernehmen sollte. Dies wurde schon von außen sichtbar, denn der neue Prototyp war nur etwas über „9 Fuß” lang - der Mini dagegen mehr als „10 Fuß”.
Projekt 9X
Der „9X” genannte Entwicklungswagen nahm 1968 erkennbare Formen an. Äußerlich ähnelte das vom noblen italienischen Karosseriebauer Pininfarina gestylte Auto dem späteren
Peugeot 104. Issigonis beharrte darauf, dass das Auto ein völlig neues Chassis erhalten sollte. Um eine preiswertere Produktion zu erreichen, wurde die Radaufhängung des Prototyps konventionell mit McPherson-Federbeinen (vorne) bzw. einer Verbundlenkerachse (hinten) auf „stählerne Beine” gestellt. Daneben sollte auch ein höherer („weicherer”) Fahrkomfort realisiert werden. Des Weiteren wurde unter der Leitung von John Sheppard in nur neun Monaten ein völlig neuer Reihenvierzylinder entwickelt, der maximal 1000 cm³ Hubraum vorwies und 60 PS leisten sollte. Die „moderne” Maschine bestand aus einem Guss-Zylinderblock und einem Alu-Zylinderkopf mit einer obenliegenden (!) Nockenwelle. Das Getriebe flanschte man unter und hinter dem Motor an, also anders als beim Mini: Hier sind Differential und Getriebe direkt unter dem Motor angeordnet! Im Innenraum dominierte das aus dem
Austin 1800 bekannte Design: Schmales Armaturenbrett mit einem „Balkentacho” - typisch für die angehenden Siebziger Jahre.
Das „Aus”
In den „ausgehenden Sechzigern” hatte dann wohl in der britischen Automobilindustrie keiner so recht „die Zügel in der Hand”. Man konkurierte vielmehr untereinander, als sich dem „rasch wandelnden Weltmarkt” innovativ zu stellen. Und im Verlauf der Fusion der British Motor Holdings mit
Leyland Motors wurde das Projekt 9X vom neuen Konzernmanagement endgültig beendet. Die Unternehmensspitze stand zwar „Issigonis Prototyp” sehr anerkennend gegenüber. Dennoch wollte und konnte man die umfangreichen Investitionen für einen neuen Kleinwagen (neue Produktionsstraßen, neue Maschinen etc.) nicht vornehmen - zumal sich der Mini inzwischen gut verkaufte.
Es sollte leider auch das letzte völlig von Issigonis entworfene Auto sein, ein faszinierendes Projekt, das einmal mehr viele außergewöhnliche technische Detaillösungen des genialen Automobilkonstrukteurs mit sich gebracht hat. Und eines ist gewiss: Die britische Automobilindustrie wird wohl nur sehr schwer einen ruhmvollen „Follower” für Sir Alec Issigonis finden!